Noti

Ein Zweier-Brettspiel für Jati-Fans und andere Denkspieler ab 10 Jahren;
Copyright Ingo Althöfer, Januar-April 2007.



Einleitung
Kaum erhältlich und bei Sammlern heissbegehrt ist das alte 3M-Spiel "Jati". Siehe unter anderem die Spezial-Webseite bei der Europäischen Spiele-Sammler-Gilde mit einer Auflistung aller Spiele-Sammler, die sich bisher als stolze Jati-Besitzer geoutet haben.

Der eigentliche Spielwert von Jati ist umstritten - deshalb ist es 1965 und 1966 wohl auch nur in zwei Testserien erschienen. Noti ist (m)eine Idee, wie man alternativ mit dem Jati-Material spielen kann. Noti ist gedacht für zwei Spieler.

Übrigens: Wer kein Jati besitzt, kann sich das Spielmaterial für Noti selbst zusammensuchen: ein klassisches Schachbrett und gelbe und blaue Spielsteine gibt es wohl in jedem sortierten Spielerhaushalt. Bei den zwei IIer- und zwei IIIer-Markierungs-Steinen muss man halt irgendwie improvisieren.


Spiel-Vorbereitung
Ein Spieler bekommt die 18 gelben Jati-Steine, der andere die 18 (hell)blauen Steine. Ist es eine Wiederholungspartie, darf der Verlierer von vorher entscheiden, ob er Gelb oder Blau ist. Die nichtgebrauchten roten und braunen Jati-Steine werden benutzt, um Randreihen des Jati-Brettes so zu belegen, dass ein 8x8-Brett als eigentliches Spielbrett für Noti frei bleibt. In den folgenden Erklärungen habe ich für das 8x8-Spielbrett die übliche Feldnotation vom Schachspiel übernommen: Zeilen mit 1, 2, ..., 8 bezeichnet; Spalten mit a, b, ..., h.


Spielverlauf
Das Spiel hat eine kurze Vorphase mit insgesamt vier Aktionen und drei Hauptphasen mit je 6 + 6 Zügen.

Vorphase
Es werden die vier Steine mit den Markierungen II und III auf das Spielbrett gesetzt, wobei jeder Spieler einen IIer und einen IIIer einsetzt. Spieler Blau beginnt, danach geht es abwechselnd. Diese Markierungs-Steine dürfen nur auf freie Felder gesetzt werden, und zwar nur in dem zentralen 4x4-Quadrat, was durch die Felder c3, c6, f6, f3 begrenzt ist.
Der Sinn der Vorphase ist, die Spiegelungs-Problematik zu entschärfen (der Nachziehende hätte sonst eine einfache Strategie, das Unentschieden zu erreichen). Deshalb wechselt auch nach der Vorphase das Zugrecht...

Phase I
Die beiden Spieler legen abwechselnd je einen Stein auf ein beliebiges freies Feld des 8x8-Brettes. Hier und auch in den Phasen II und III hat immer Spieler Gelb den ersten Zug.

Hat Gelb seinen sechsten Stein gelegt (was nach insgesamt 11 Zügen der Fall ist), nimmt er einen der II-er-Markiersteine (freie Wahl, welchen) und legt ihn auf seine grösste zusammenhängende Gruppe (bezüglich der Vierer-Nachbarschaft auf dem 8x8-Gitter). Nach dem sechsten Stein von Blau nimmt dieser Spieler den anderen II-er-Markierungs-Stein und legt ihn auf seine grösste zusammenhängende Gruppe.
Hat ein Spieler im Moment des Markierens mehrere gleichgrosse grösste Gruppen, darf er frei wählen, welche er davon markiert. Übrigens darf Blau seinen sechsten Stein durchaus auf das Feld legen, auf dem der von Gelb genutzte II-er-Stein lag, weil dieses Feld ja in diesem Moment frei ist.

Phase II
Es wird abwechselnd weiter auf freie Felder gelegt. Dabei ist es den Spielern verboten, Felder zu belegen, die ihre schon markierte Gruppe vergrössern würden. Nach dem insgesamt zwölften Stein von Gelb markiert Gelb mit einem (wieder von ihm selbst ausgewählten) III-er-Stein seine grösste noch nicht markierte Gruppe. Nach seinem zwölften Stein verfährt Blau analog. Bei gleichgrossen grössten Gruppen gilt die Wahlfreiheit wie am Ende von Phase I.

Phase III
Es wird abwechselnd weiter auf freie Felder gelegt. Dabei ist es den Spielern verboten, Felder zu belegen, die ihre schon in Phase 1 und 2 markierten Gruppen vergrössern würden. Nach dem Legen aller insgesamt 18 + 18 Steine lässt sich leicht ermitteln, welches die grösste gelbe und grösste blaue noch nicht markierte Gruppen sind.

Auswertung
Für die mit II markierten Gruppen gibt es zwei Mal die Anzahl ihrer Steine. Für die mit III markierten Gruppen gibt es drei Mal die Anzahl ihrer Steine. Für die (nicht durch II oder III markierten) grössten Gruppen im Rest gibt es fünf Mal die Anzahl ihrer Steine. Gewonnen hat der Spieler mit der grössten Punktsumme. Bei Gleichstand wird das Spiel als unentschieden gewertet.


Strategie-Tipp
Ein Spieler muss abwägen, ob er in der aktuellen Phase seine grösste Gruppe möglichst stark aufblähen will, oder ob er sich eine möglichst gute Ausgangsposition für die (höher belohnte/n) Folgephase/n schafft. Insbesondere kann es sinnvoll sein, am Ende einer Phase zwei gleichgrosse grösste Gruppen zu haben: Man lässt dann die mit dem stärkeren Ausdehnungs-Potential für die Folgephase/n.


Experten-Version
Es ist (mir) nicht ganz klar, ob der Anziehende wirklich einen Vorteil hat, und falls ja, wie gross dieser ist. Leistungs-orientierte Spieler können der eigentlichen Partie ein Komi-Bidding vorschalten: Jeder gibt an, wieviele Punkte ihm das Recht des Anziehenden wert wäre. Der Spieler mit dem höheren Gebot darf anfangen, und sein Gegner bekommt den Durchschnitt der beiden Gebote am Ende zu seinen Punkten gutgeschrieben.

Danksagung
Jochen Corts hat mich - auf dem 70. Geburtstag von Reinhold Wittig - mit lustigen Anekdoten auf die Szene der Jati-Sammler aufmerksam gemacht. Mein Dank geht auch an Martin Ebel. Probepartien seines "Ponte del Diavolo" (erscheint 2007 bei "Hans im Glück") haben ein bisschen meine Wahl des Spielmechanismus von Noti beeinflusst.

* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *

Eine Beispiel-Partie Noti
(Fotos von Jürgen Schick, danke)



Das leere Noti-Brett, nur mit den Koordinaten-Leisten wie beim Schach. Die Koordinaten braucht man nicht zum Spiel. Sie helfen aber, die folgende Musterpartie zu verstehen.

Vorphase
Blau: II auf d4
Gelb: III auf e3
Blau: III auf d6
Gelb: II auf f5




Die Züge von Gelb tragen die Nummern 1, 3, ..., 35, die von Blau die Nummern 2, 4, ...., 36.

1.f6 2.g6
3.g5 4.f7
5.e7 6.g7
7.e6 8.g4
9.c4 10.f8
11.c3



Gelb hat eine eindeutig grösste Gruppe (auf e6,f6,e7) und legt den II-er von d4 darauf (z.B. auf seinen Stein auf dem Feld e6).


... 12.h7

Die grösste Gruppe von Blau hat fünf Steine. Er markiert sie mit dem IIer von f5.

Punkte-Zwischenstand nach Phase I:
Gelb hat 2*3 = 6 Punkte,
Blau hat 2*5 = 10 Punkte.

13.c5 14.c6
15.b5 16.b6
17.g3 18.a5
19.f3 20.a6
21.f2 22.e2
23.f1


Gelb hat beim Markieren die Auswahl zwischen zwei Vierer-Gruppen. Er legt den IIIer-Stein von e3 auf die Gruppe (f1,f2,f3,g3).

... 24.a4

Blau markiert seine eindeutig grösste Gruppe (a4,a5,a6 b6,c6) mit dem IIIer-Stein von d6.



Punkte-Zwischenstand nach Phase II:
Gelb hat 6 + 3*4 = 18 Punkte,
Blau hat 10 + 3*5 = 25 Punkte.

25.d3 26.d2
27.c2 28.d1
29.c1 30.e3
31.e4 32.d4
33.b3 34.e1
35.b2 36.a8

Jeder andere Schlusszug wäre für Blau genau so gut gewesen.


Schluss-Abrechnung:
Gelb hat 18 + 5*9 = 63 Punkte,
Blau hat 25 + 5*5 = 50 Punkte.
Also ist Gelb Sieger.


Hier noch einmal die Schluss-Stellung, jetzt ohne Koordinaten, dafür mit den nicht benutzten roten und braunen Jati-Steinen als Rand.

Es war geschickt von Gelb, sich in den Phasen I und II Alternativen offen zu halten. Dadurch konnte er am Schluss sehr gut punkten. Der Sinn des Zuges 31.e4 war übringes, den Blauen daran zu hindern, seinen Einzelstein auf g4 an die untere Gruppe anzubinden.


Weitere Regelvarianten für das Jati-Material sind herzlich willkommen. Insbesondere würde mich eine schöne Regel für ein 3-Personen-Spiel mit dem Jati-Material begeistern.

Zurück zur Hauptseite des 3-Hirn-Verlags